Ein Christus – zwei Künstler – drei Gedanken
Ikonenausstellung in der Kaasgrabenkirche eröffnet
In der Reihe „Kunst hinterm Vorhang“ sind vom 4. bis 25. September 2022 in der Kaasgrabenkirche Ikonen von Loukas und Irene Seroglou ausgestellt. Während der Öffnungszeiten der Kirche (8.00 – 19.00 Uhr) sind diese Ikonen dauerhaft zugänglich. ORT: Kirche Kaasgraben, Ettingshausengasse 1, 1190 Wien
Die Ausstellung wurde am 4. September 2022 von Pater Sebastian Leitner OSFS im Rahmen der Sonntagsmesse eröffnet. Hier seine Predigt:
Erster Gedanke
In der ersten Lesung aus dem Buch der Weisheit haben wir die Frage gehört: Wer ergründet, was im Himmel ist?
Die beiden Künstler Loukas und Irene Seroglou gehen mit ihren Ikonen genau dieser Spur nach. Sie bemühen sich mit ihrem Herzen, ihrer Wahrnehmung und mit ihrer Gabe zu ergründen, was im Himmel ist. Mit ihren Ikonen geben sie ihre Antwort.
Auch du und ich sind eingeladen den Himmel zu ergründen. Es gibt kein festgefahrenes Muster. Jeden Tag neu erschließt sich uns der Himmel. Und jeden Tag neu können wir anderen Menschen den Himmel erschließen. Gerade in dieser unsagbar verunsichernden Zeit zwischen Pandemie und Klimakrise und Ukrainekrieg und dessen Folgen, bleibt es für uns wichtig die Perspektive nicht zu verlieren. Und da helfen Menschen, die mit ihrer Kunst ins Detail gehen, und mit ihren Ikonen, unsere Blicke schärfen. Für manche Gläubige, so schreiben die Künstler in der Beschreibung ihrer Ikonen ist die Ikone einfach nur ein frommes Gebetsobjekt. Für andere Gläubige ist die Ikone „Brücke zum Jenseits, Tor zum Himmel, Fenster zur Ewigkeit“. Der Gläubige wendet sich der Ikone nicht mit den Sinnen zu, sondern mit der Seele. Seine Gebete sprechen nicht seine Alltagssorgen aus, sondern sind die Sehnsucht seiner Seele nach Vereinigung mit Gott. So schenken uns Ikonenmaler ihre Einblicke in den Himmel. Wir sind eingeladen uns davon inspirieren zu lassen. – Erster Gedanke
Zweiter Gedanke
„Wenn du also mit mir Gemeinschaft hast, nimm ihn auf wie mich!“ schreibt der Apostel Paulus an Philemon. Ein radikaler Anspruch in einer Zeit, wo Herren und Sklaven noch gang und gebe war. Über den Glauben an Christus verlieren Herrschaftsstrukturen ihre Bedeutung.
Letzten Mittwoch war ich bei einer Podiumsdiskussion im Stift Klosterneuburg, wo es um die Frage ging „Religion – wofür überhaupt?“ Im Rahmen der Ausstellung „Gotteskrieger“ wollte das Stift diese gesellschaftspolitische Diskussion führen. Klar wurde mir allemal, dass der Diskurs um die Bedeutung von Religion brennend bleibt. In der Spannung zwischen Angst vor dem Islam, christlichen Bischöfen, die Diktatoren Rückendeckung geben, und Menschen, die nicht an Gott glauben, gilt es für uns mehr denn je, die Werte Christi umzusetzen. Christus war kein Gleichmacher, er ist jeder und jedem mit seiner/ihrer Geschichte konkret begegnet, und hat vor allem das Gottsuchende im Menschen gefördert und gesucht, unabhängig davon, welche Geschichte und welcher Religion, der oder die Person hatte, die ihm begegnet ist. Die Aufforderung des Paulus an den Herren Philemon den Sklaven Oenesimus bei sich aufzunehmen, entspricht dem Verständnis Christi. Der Christ/die Christin heißt jede und jeden willkommen, der/die auf der gewaltlosen Suche nach Gott ist. Danke, wo es ihnen gelingt, die ehrliche Suche nach Gott zum Kriterium zu machen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, ganz gleich welcher Religion und welchem Stand sie entspringen.
Zweiter Gedanke.
Dritter Gedanke
Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, der kann nicht mein Jünger sein, hat Lukas in seinem Evangelium Jesus in den Mund gelegt.
Als die Ausstellung am Freitagabend aufgebaut war, habe ich Loukas Seroglou, den Künstler, gefragt, ob er ein Lieblingsbild unter all diesen Ikonen hätte. Sofort hat er meine Frage mit Ja beantwortet. Wenn Sie hinten in die Donauschwabenkapelle hineingehen, das erste Bild ganz links unten. Das ist es. Es ist eine Darstellung des Christus mit einem verstellten Gesicht. Dann erzählte er mir, dass er dieses Bild gemalt hätte, nachdem er an einem Bildnis eines leidenden Christus’ bei einer Ausstellung tagtäglich vorbeigegangen wäre, und begriffen hätte, dass das verzerrte Angesicht Christi, nicht wegen der Leiden Christi selbst wäre, sondern wegen der Leiden, die wir erdulden mussten. Christus leidet mit, weil ich leide.
Die Aufforderung sein Kreuz auf sich zu nehmen, ist die Zusage Gottes, dass Gott uns mit unserem Leiden nicht alleine lässt. Gott hat uns das immer wieder zugesagt und schließlich und endlich auch vorgelebt. Mögen wir selbst Kraft daraus schöpfen, um so im Sinne Christi auch zu Menschen zu werden, die selbst fähig sind, anderen dabei zu helfen ihr Kreuz zu tragen.
Dritter Gedanke
Drei Gedanken – Zwei Künstler – Ein Christus
Amen.