Kaasgrabenkirche: Kunst hinter’m Vorhang

Das Martyrium der Apostel

Die Ausstellung der Gemälde von Matúš Pius Niemiec im Rahmen des Projekts „Kunst hinter´m Vorhang“ in der Pfarre Franz von Sales, Kaasgraben Kirche in 1190 Wien, ist ab dem ersten Fastensonntag, vom 1. März 2020 bis zum Ostersonntag, den 12. April 2020, zu sehen. In der Ausstellung werden 15 Zeichnungen mit Barockwerken von Michael Willman und ein Ölgemälde mit einer Passionsthematik präsentiert. Małgorzata Marczewska hat die Ausstellung kuratorisch vorbereitet. Die Eröffnung der Ausstellung findet am 1. März 2020 nach der sonntäglichen Heiligen Messe um 11:00 Uhr statt.

Über die Ausstellung

Die Ausstellung regt uns mit ihrer Thematik und mit der Verteilung der Gemälde im Raum zum Nachdenken an. 14 Zeichnungen, die die Märtyrertode der Apostel Jesu darstellen, sind unter den Kreuzwegstationen platziert. Sie sollen so aufzeigen, dass die Jünger ihrem Meister im Leben und im Sterben gefolgt sind. Judas, der Verräter hingegen, steht im Abseits, im Eck.

„Christus in der Rast“, das einzige Ölgemälde der Ausstellung, befindet sich im Zentrum des Hochaltars. Um das Bild zu sehen, darf man ruhig in den Altarraum gehen. Wer sich Christus nähert, kann dessen Nachdenklichkeit besser nachvollziehen.

Die Werke sind Interpretationen eines Zyklus von Gemälden des Martyriums der Apostel des Barockmalers Michael Willmann. Diese Werke bringen das Wesen des Barocks ideal zum Ausdruck. Künstlerische Berufungen, die die Barockkunst in Verbindung mit den gegenwärtigen malerischen Ausdrucksmitteln verbinden, sind an der Akademie der bildenden Künste in Krakau, wo Matúš Niemiec seinen malerischen Ursprung hat, besonders lebendig. Niemiec folgt der Faszination des Barocks und gestaltet mit seinen eigenen Ein- und Ausdrücken neue, qualitätsvolle Unikate.

Über Leopold Willmann

Michael Leopold Willmann wurde 1630 im preußischen Kaliningrad geboren. Seine frühe malerische Ausbildung erwirbt er von seinem Vater. Später zieht er durch Europa. Seine Reisen beginnt er als Kalvinist in den protestantischen Niederlanden. In Amsterdam, das sich zu dieser Zeit in einer wirtschaftlichen und künstlerischen Hochblüte befindet, lernt er das malerische Handwerk im Schatten großer Meister, unter anderem Rembrandt van Rijn, kennen. Rembrandt hat – obwohl Willmann nicht direkt in seinem Atelier lernen kann – großen Einfluss auf den jungen Michael. Seine nächsten Stationen führen ihn durch die deutschsprachigen Länder nach Polen, wo er sich in Breslau niederlässt. Zunächst hat er enge Kontakte mit dem Klosterabt des Klosters Leubus, das eines der größten Klöster der damaligen Welt ist, und am Rand der Habsburgermonarchie liegt. Willmann zeichnet für das Kloster erste Gemälde und errichtet bald schon in der Nähe des Klosters ein Atelier. Er heiratet und konvertiert zum Katholizismus. Er arbeitet eine große Menge von Bestellungen ab, besonders für die Kunstliebhaber aus Schlesien und Tschechien. Das bringt ihm Ruhm, Anerkennung und finanzielle Sicherheit.

Der Höhepunkt seiner Arbeit sind 16 monumentale Leinwände (rund ca. 4×3 m), die in die Klosterkirche hergestellt werden und die das Martyrium Jesu Christi, der Apostel und der Heiligen Märtyrer Laurentius und Stephanus darstellen. Diese verblüffenden Kompositionen, die mit Dynamik, malerischer Virtuosität und auch mit ungewöhnlicher Erbarmungslosigkeit Szenen zeichnen, machen Michael Willmann zu einem der größten Sakralmaler des 17. Jahrhunderts.

Derzeit findet im Nationalmuseum in Breslau eine ausgedehnte monografische Ausstellung dieses Barockkünstlers statt. Bei dieser Gelegenheit wird ein umfangreicher Katalog aufgelegt, in dem gegenwärtige Interpretationen veröffentlicht werden, darunter auch auch eine Zeichnung von Matúš Niemiec, die „Passion des Hl. Jakob, des Jüngeren.“

Über den Künstler der Ausstellung

Matúš Pius Niemiec, 1995 in Michalovce (Slowakei) geboren, studiert zunächst Malerei an der Kunstakademie in Banská Bystrica (Slowakei). Nach drei Jahren steigt er auf die Akademie der Bildenden Künste Ján Matejko in Krakau (Polen) um, und arbeitet gegenwärtig an seiner Magisterarbeit. Im Zyklus seiner künstlerischen Umsetzung orientiert er sich an alten liturgischen Gemälden und betont deren historische, liturgische und nostalgische Würde und einzigartige ästhetische Qualität.

In seiner Arbeit sucht er in der reichen katholischen Tradition nach Motiven und entdeckt ihre vergessenen Schätze und Raritäten aufs Neue. Der Künstler konzentriert sich in seinen Gemälden mit diesem zeitlichen Abstand auf das Wesentliche. Er überbetont dabei bewusst Elemente der ursprünglichen Sakralmotive, und fordert uns so heraus, ihre ursprüngliche Bedeutung zu überdenken. Wir werden so angespornt, oft beunruhigende Gemälde mit einem zweiten Blick anzusehen. So können wir Gott wesentliche Fragen stellen.

Małgorzata Marczewska

Predigt von P. Sebastian Leitner OSFS zur Eröffnung der Ausstellung

Gestern Abend musste ich ein wenig Schmunzeln, nachdem wir die Ausstellung im Kirchenraum aufgestellt hatten. Obwohl wir es anders geplant hatten, haben wir nun doch alle Ausstellungsstücke im Kirchenraum positioniert, und kein einziges in der Donauschwabenkapelle.

Und wohl weislich sagte mir der Künstler, es kommt immer darauf an, wo man steht, um zu definieren, was vor oder hinter dem Vorhang ist.

Also Kunst hinterm Vorhang, in der Kirche, in diesem Fall.

Matus Niemiec wirft mit seinen Werken einige Fragen auf, derer drei ich mit ihnen heute, am 1. Fastensonntag aufgreifen möchte, denn es sind fundamentale Glaubensfragen:

  • Vertraue ich Gott?

Unter den 14 Kreuzwegstationen hängen 14 Bilder, die jene Augenblicke darstellen, an denen die Apostel Christus im Märtyrertod gefolgt sind. Ganz bewusst kommt es zur Schwarz-weiß Malerei. Die Frage kann für mich sein, ob es mir gelingt, das Licht mehr zu sehen, als das Dunkle, die Erlösungstat Christi mehr wahrzunehmen, als das Leid, durch das ich hindurchmuss, die Ekelhaftigkeit und zeitweilige Unerträglichkeit des Leides mit dem Grundvertrauen und Urvertrauen in Gott anzuschauen.

Das Dunkel scheint in den Bildern zu überwiegen. Absichtlich übertreibt der Künstler. Er will uns auch mit der Dramatik der Märtyrertode konfrontieren, in Frage stellen, unsere christliche Überzeugung auf die Probe stellen. Und doch liegt unheimlich viel Ästhetik und Feinheit in den Strichen, die das Licht hervorbringen. Ich darf mich fragen, ich darf Sie fragen: Vertraue ich diesem Licht, das mir selbst durch den Tod hindurch, seine Wärme zuteilwerden lassen will?  Wie hieß es im Evangelium: Du sollst deinen Herrn nicht auf die Probe stellen. Vertrauen sie ihm? Vertraust du ihm? Jesus und die Märtyrer haben vertraut. Mögen wir aus ihrem Zeugnis für uns selbst Vertrauen schöpfen.

  • Bete ich andere Götter an?

Es war der Wunsch des Künstlers auch den Tod des Verräters Judas zu zeichnen und auszustellen. Als Einziges der Serie hängt es nicht unter einer Kreuzwegstation. Es steht am Seitenausgang. Im Abseits. Abgesondert. Und selbst da. Im Eck.

Es bedrückt. Das Kreuz rückt auch im Bild des Künstlers in den Hintergrund. Und doch.

Die Fastenzeit ist für uns Gelegenheit uns auch durch dieses Bild in Frage stellen zu lassen. Es ist durchaus vergleichbar mit der Versuchung von der wir im Evangelium gehört haben. Wenn du willst kannst du aus diesen Steinen Brot machen. Diese Sehnsucht alles selbst zu kontrollieren, um sich den eigenen Bauch vollzuschlagen, steckt im Menschen. Es ist gut sich seinem Bauch zu stellen, seiner eigenen Gier, seiner Berechenbarkeit, seiner Blindheit für das Göttliche.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt. Wieder auf Gott hinhören. Gott sprechen lassen. Gott lesen. Gott die erste Geige spielen lassen. Gott anbeten. Nur ihn.

  • Kann ich mit Christus rasten?

Wenn Sie nach dem Gottesdienst ein wenig Zeit haben, lade ich Sie ein, auch den Altarraum zu betreten. Vorsicht, da sind ein paar Stufen. Aber sie können so ein weiteres Werk des Künstlers, das einzige Ölgemälde, das heute hier ist, betrachten: Christus in der Rast.

Worüber denkt Christus nach auf seinem Weg ans Kreuz? Noch einmal Kraft schöpfen? Den Fokus nicht verlieren? Der Versuchung nicht nachgeben? Den Beschwerdekatalog über die Unzulänglichkeiten anderer nicht aufschlagen? Die eigene Kraftlosigkeit nicht überhandnehmen lassen? Sich des letzten Zieles besinnen?

Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.

Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.

Fasten. Innehalten. Rast halten. Die Fastenzeit ist keine Abnehm- und Verzichtsperiode um ihrer selbst willen. Die Fastenzeit bedarf des stillen Verweilens vor und in und mit Gott, um Zugang zu jener Glaubenskraft zu bekommen, die Ostern ermöglicht.

Das ist ein zentraler Gedanke der Fastenzeit. Darum ist dieses Bild zentral platziert. Möge Gott in unserem Fokus stehen.

Amen.