Predigt zum Christkönigssonntag
1. Lesung: Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist. (Ezechiel 34,11-12.15-17)
2. Lesung: Erster ist Christus; dann folgen, wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören. (1Korinther 15,20-26.28)
Evangelium: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. (Matthäus 25,31-46)
Es vergeht eigentlich kaum ein Monat, in dem nicht irgendein Land auf dieser Welt auf mehr oder weniger demokratische Weise eine neue Regierung wählt. Wenn man dabei die Wahlkämpfe betrachtet, dann sind diese eigentlich alle ziemlich ähnlich. Jeder Herrscher, jeder Politiker versucht möglichst öffentlichkeitswirksam deutlich zu machen, dass er und seine Partei das Beste für das Land sind und wollen und die anderen Parteien nur Schaden anrichten.
Wählt uns, so lautet die Botschaft, denn nur wir sind für mehr soziale Gerechtigkeit, für weniger steuerliche Belastung, weniger Arbeitslose, mehr wirtschaftliches Wachstum, weniger Krieg und mehr Frieden, bei uns haben es die Frauen gut und die Jugend, die Arbeiter, die Pensionisten, die Kinder und die Kranken, die an den Rand Geschobenen … Unser Ziel, so lesen sich eigentlich alle Wahlprogramme, ist es für das Volk eine Art Paradies auf Erden zu schaffen und wir sind die Einzigen, die das verwirklichen können. Das Problem sind immer nur die anderen, die uns das nicht machen lassen, alles blockieren und herunterwirtschaften.
Dann kommt die Wahl … und nur allzu oft werden aus Wahlversprechen handfeste Wahllügen. Selbstverständlich hat man dafür dann auch immer schöne Erklärungen parat: das Wirtschaftswachstum ist schuld, die Konjunkturprognosen und die anderen Parteien, oder eine galoppierende Pandemie. Auffallend ist: Bei diesen Erklärungen haben immer die anderen Schuld, kaum einmal gibt jemand zu, Fehler gemacht oder versagt zu haben.
Ich weiß, ich überspitze das Ganze ein wenig. Was ich damit aber sagen will ist: Politik hat ihre eigenen Gesetze, und eines dieser Gesetze lautet eben: die nächste Wahl kommt bestimmt und ich möchte bei dieser Wahl gewinnen. Das ist es, was als Erstes zählt.
Der heilige Franz von Sales hatte mit den Herrschenden und den Politikern seiner Zeit seine liebe Not. Es gab zwar noch keine Demokratien wie heute, das Phänomen, dass Versprechen zwar gegeben, aber nicht eingehalten wurden, erlebte er jedoch genauso. Es ist daher verständlich, dass sich Franz von Sales aus all den politischen Machenschaften heraushalten wollte, wo immer es ging. Leider konnte er das aufgrund seiner Position als Bischof nicht immer.
Wir feiern heute ein hochpolitisches Fest: Christkönig. Es bildet den Abschluss des Kirchenjahres und erinnert uns an die Politik Gottes, an sein Wahlprogramm, dem wir uns nicht entziehen sollten, denn es geht hier wirklich um unsere Zukunft, und nicht um die Zukunft Gottes. Das ist schon einmal der große Unterschied zu den Wahlprogrammen der Welt: Gottes Allmacht und Herrschaft steht nicht zur Wahl. Er ist und bleibt der Allmächtige, der Herrscher der Welt, egal, wie diese Welt ihm gegenüber ihre Stimmen abgibt. Gottes Wahlprogramm zielt ausschließlich auf die Menschen, ihre Zukunft und ihr Wohlergehen. Im Gleichnis Jesu vom Jüngsten Gericht, das uns das heutige Evangelium erzählt, ist das auf einzigartige Weise beschrieben:
„Was ihr für einen meiner geringsten (Schwestern und) Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ „Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“
Der Arme, der Kranke, der Ausgestoßene, der Hungernde … das ist nicht nur dein Bruder oder deine Schwester, das ist Gott höchstpersönlich. Und so wie du mit diesen Menschen umgehst, so gehst du mit Gott um. Und dieser Umgang entscheidet das Schicksal deines Lebens.
Dieses Evangelium von heute ist das Wahlprogramm Gottes, das er für die Zukunft der Welt und des Menschen bereithält. Ob es ihm sehr viele Wählerstimmen bringt? Ich hoffe es. Mit Sicherheit hat es aber eine ganze Reihe von Menschen die Unsterblichkeit gebracht: von vielen Heiligen spricht man heute noch, weil sie genau das verwirklichten, was Jesus in diesem Gleichnis von den Menschen fordert. Einer davon ist der heilige Franz von Sales. Er begegnete den Armen und Kranken nicht nur so, als würde er Gott begegnen, er versuchte, dies auch den Herrschern seiner Zeit deutlich zu machen, in dem er ihnen das vorbildliche Beispiel des heiligen Königs Ludwig von Frankreich vor Auge führte. Er schreibt:
„Das gleiche war auch beim glorreichen König, dem hl. Ludwig der Fall, als er auf den Knien und entblößten Hauptes die Kranken bediente. (Darüber geriet ein Abt von Citeaux außer sich vor Bewunderung, als er ihn in dieser Haltung einen armen, mit schrecklichen krebsartigen Wunden bedeckten Kranken pflegen und reinigen sah). Auch war es gewiss eine recht außergewöhnliche Übung dieses heiligen Monarchen, die ärmsten und verachtetsten der Armen bei Tisch zu bedienen und die Reste ihrer Speisen zu essen.“ (DASal 4,106)
Das Wahlprogramm Gottes gilt aber nicht nur für die Herrscher und Politiker, sondern für uns alle. In jedem Menschen, dem ich begegne, begegne ich Gott. Wie ich diese Menschen behandle, so behandle ich Gott … und das entscheidet über meine ewige Zukunft. Es empfiehlt sich immer, sich darüber Gedanken zu machen, wie ich mich den anderen gegenüber verhalte. Der Christkönigssonntag wäre ein guter Zeitpunkt dafür. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS