Wem sollten wir glauben, wenn nicht dir!

Elisabeth Wolfslehner, Passtoralassistentin der Pfarre Franz von Sales, leitete am Sonntag, 22. August 2021, die Wortgottesfeier in der Krim-Kirche. Hier sind ihre Gedanken zum Evangelium, 21. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B: Johannes 6,60-69:

Wir haben in den vergangenen Wochen bereits mehrere Gesprächsabschnitte von Jesus in Kafarnaum gehört. Es wurde deutlich, dass auch die Jüngerinnen und Jünger Jesu, also jene Menschen, die ihn hautnah erlebt haben, die seine Heilungen und sein ganzes Wirken, seine einzigartige Gottesbeziehung mitverfolgt haben, Schwierigkeiten hatten. Sie taten sich schwer, ihm zu glauben und ihm sein Vertrauen zu schenken. Mehrmals können wir hören, dass sie murrten und heute sogar, dass sie Anstoß nahmen.

Die Gesprächssituation spitzt sich also zu. Viele Jüngerinnen und Jünger können die Worte Jesu nicht verstehen, können seine Behauptungen wie zum Beispiel „Ich bin das Brot des Lebens“ oder „Mein Fleisch ist wahre Speise und mein Blut ist wahrer Trank“ nicht nachvollziehen. Für manche sind diese Worte hart, unangenehm oder sogar unerträglich. Sie nehmen Anstoß an diesen Worten und wenden sich ab. Man könnte auch sagen, sie haben ihn verlassen – vermutlich kopfschüttelnd, enttäuscht, wütend, irritiert oder alles zusammen.

Jesus bemüht sich, den Jüngerinnen und Jüngern zu erklären, dass sie nur in Beziehung zu ihm am ewigen Leben teilhaben können. Er deutet seine künftige Auferstehung an und seine Rückkehr zum Vater.

Es sind nicht nur ein paar, die sich zurückziehen, sondern es sind viele. Viele, die ihn nicht verstehen können oder es nicht wollen – ich kann mir vorstellen, es ist hitzig zu gegangen, es wurde heftig debattiert, gestritten, die unterschiedlichen Lager kamen sich in die Haare.

An Jesus und seinen Worten scheiden sich die Geister. Damals wie heute. Jesus zwingt niemanden, bei ihm zu bleiben und seinen Worten Glauben zu schenken. Er gibt sich alle Mühe sich zu erklären, aber er hält niemanden auf, auch die nicht, die ihn murrend verlassen. Auch seinem engsten Kreis, seinen Freunden lässt er die freie Wahl und sagt „Wollt auch ihr weggehen?“

Auch wir sind heute gefragt, ob wir bei Jesus bleiben wollen oder ob wir auch weggehen wollen. Jesus bemüht sich um uns, aber er zwingt uns zu nichts.

Ich bin zum Dienst in der Kirche gesendet, man könnte meinen, die Frage, ob ich bei Jesus bleiben will, sei damit ein für alle Male beantwortet, aber auch mich fragt er: „Willst du bei mir bleiben oder auch weggehen?“ Er stellt diese Frage also jedem und jeder von uns und nicht nur heute, sondern jeden einzelnen Tag.

Wir leben in einer Zeit der Kirchenaustritte, dem Rückgang an Mitfeiernden bei den Gottesdiensten, einer geringer werdenden Zahl an geistlichen Berufungen, weniger Eintritte in die Ordensgemeinschaften und der „Priestermangel“ ist in aller Munde. Unbehagen und Kritik an kirchlichen Strukturen werden mitunter lautstark debattiert. Seit den murrenden Jüngerinnen und Jüngern –  also von Beginn an – haben wir Christinnen und Christen mit Kritik zu rechnen.

Heute leben wir in einer Umgebung, wo viele sagen, was die Kirche von sich gibt und was sie tut ist unerträglich. Wer kann das noch anhören? Wer will das noch anhören?

Immer mehr Menschen haben dem Christentum den Rücken zugewandt und wer sich als Christ, als Christin bekennt, wer ein Zeugnis ablegt und sagt: Ja, ich glaube den Worten Jesu, ich folge ihm nach hat damit zu rechnen, verspottet und ausgelacht zu werden. Manche werden auch als naiv oder wunderlich angesehen und wenig ernst genommen. Bei uns ist ein solches Bekenntnis nicht lebensbedrohlich – es führt aber nicht selten zu langwierigen und aufreibenden Diskussionen, die viel Kraft rauben. In nicht wenigen Ländern dieser Erde ist die Nachfolge Jesu gar lebensbedrohlich, ein Umstand, der immer wieder vergessen wird.

Dass ich mich als Frau aus freien Stücken entschlossen habe in der katholischen Kirche zu arbeiten wird. von vielen belächelt, als nahezu verrückt abgestempelt oder deutlich und offen kritisiert. Mir war offen gesagt gar nicht bewusst, was das bei anderen auslöst und es braucht wohl die richtige Mischung an Mut zum Bekenntnis und auch Selbstschutz, die Fähigkeit, auf sich selbst Acht zu geben.

Petrus ermutigt uns mit seiner eindeutigen Antwort und Entscheidung: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens…“ Man könnte auch sagen: „Wem sollten wir glauben, wenn nicht Dir? Mit wem sollten wir gehen, wenn nicht mit Dir? Wohin sollten wir gehen, wenn nicht zu Dir?“

Petrus hat erkannt, dass Jesus der Zugang zu Gott und zum ewigen Leben ist.

Franz Kafka hat einmal gesagt: „Der Mensch kann nicht leben ohne ein dauerndes Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem in sich.“

Dieses Unzerstörbare, das Unvergängliche erschließt sich uns Christinnen und Christen, öffnet sich für uns durch Jesus selbst.

Ich wünsche uns allen den Mut und die Zuversicht, innerlich frei „Ja!“ zu Jesus zu sagen. Mut und Zuversicht, bei ihm zu bleiben trotz mancher Zweifel und Widerstände – heute und jeden Tag aufs Neue. Amen.

Elisabeth Wolfslehner, Pastoralassistentin der Pfarre Franz von Sales